Brain the size of a planet. Inability to follow through.

Was sind Ängste wert? Wohin gehen Hoffnungen zum Sterben und wie fühlen sich solche Fragen an?

Ich versuche, in diesem Blog so zu schreiben, dass keine Filter die Sicht auf meine Gedanken versperren. Ich halte mich nicht für besonders wichtig, oder bedeutsam. Meine Einlassungen sind nicht weltbewegend, noch sind sie ein totales Novum. Die meisten meiner Worte wurden so, oder so ähnlich mit Sicherheit schon einmal von anderen Depressiven geäußert. Ich bin nicht einmal sicher, ob irgendetwas aus meiner Feder hier von mehr als zwanzig Menschen gelesen wird. Wie relevant bin ich, wie relevant sollte ich sein?

Zuerst ist festzustellen, dass es relevant für mich ist. Offenbar besteht ein innerer Drang, der mich dazu verleitet es aufzuschreiben und anderen Menschen zur Verfügung zu stellen. Möglicherweise in der vergebenen Annahme, dass es jemanden interessieren könnte. Ah, wie wunderschön alles durchsetzt ist von Selbstzweifel, von Verkleinerung meines eigenen Selbst. Ich kriege deine Taktiken mit, liebe Krankheit. Ich sehe dich, du Penner.

Was treibt dich als Menschen an, was treibt mich um und wen bringt es am Ende um?

Da ist das Bedürfnis in jedem von uns etwas zu erreichen. Vielleicht ist das so banal, wie einen Eiffelturm aus Streichhölzern zu bauen, einen japanischen Garten anzulegen, Geld zu sparen, bis man sich einen Maserati leisten kann. Vielleicht ist es so anspruchsvoll, wie das Geheimnis des Alterns zu ergründen oder so philosophisch wie Weltfrieden zu erreichen. Ziele können so klein sein, wie die eigene Familie zu ernähren, oder so groß sein wie Bundeskanzler zu werden und etwas zu bewegen.

Ich für meinen Teil bin nie zufrieden gewesen, egal was ich wie erreicht habe. Meine Freundin ist der Ansicht, dass ich das niemals sein werde, was mich wiederum frustriert. Endlos. Aber es könnte wahr sein, was mich dazu gebracht hat darüber nachzudenken, wieso das so ist.

Ich selbst bin mir nicht so sicher und sollte das Mal testen lassen, um eine möglichst objektive Beurteilung zu erhalten. Wenn ich den Menschen glauben darf, die ich so in den vergangenen Jahrzehnten getroffen habe, dann dürfte ich weit überdurchschnittlich intelligent sein. Brain the size of a planet. Heh. Ja. Als ob ich sowas annehmen könnte. Ich will zuerst erklären, wieso ich das nicht annehmen kann und dann, wieso ich es doch ein kleines Bisschen annehme.

Vergangenheit

In meiner Schulzeit bin ich nicht gerade der beliebteste Junge in der Klasse gewesen. Habe ich schon einmal in dem Artikel „Wie fängt man sich so eine schnuckelige Depression ein?“ geschrieben. Es gab so viele Grenzüberschreitungen, so viele Demütigungen, so viele Schamgefühle, dass die Veränderungen in meiner Persönlichkeit so facettenreich wie ein Kaleidoskop sind. Viele kenne ich vermutlich gar nicht, womit sie irrelevant geworden sind, denn was ich nicht weiß, das kann ich nicht analysieren, verändern, heilen. Die großen, wichtigen Veränderungen sind mir inzwischen teilweise bewusst. Zu ihnen gehört sicher die, um die es hier geht. Ich erlaube mir nichts mehr. Ich darf nicht. Denn wenn ich das tue, dann findet sicher jemand darin einen Hebelpunkt, um meine Schwäche zu offenbaren, etwas Peinliches daraus zu machen, mein nur temporäres Selbstwertgefühl in reinen Horror zu verwandeln.

Ich habe gelernt, dass wenn ich etwas Besonderes tue, etwas, was mich selbst stolz machen würde, wenn ich besser als andere bin – dann werde ich dafür gedemütigt, am besten vor versammelter Mannschaft, damit ich meinen Platz lerne. Die Schule hat mein Leben mehr geprägt, als irgendein anderer Platz auf dieser Welt. Wofür ich in der Schule gelernt habe? Für das Leben.

Wenn man mich in eine Mannschaft gewählt hat, dann ironisch. In der Grundschule wurde eine 1+ im Deutschaufsatz mit Ignoranz auf dem Pausenhof quittiert. Der Schulweg war der ideale Zeitpunkt über mich zu spotten, während ich einfach nur dazugehören wollte. Auf Klassenfahrten hingen alle bei der coolen Clique ab, da gab es aber für mich keine Einladung zu. Schon früh war mein Name in der Schule Lange, nicht Daniel, wie ich mit Vornamen genannt wurde. Außer bei Spottgesängen.

Du darfst nicht besser sein. Dann dreht man es um und du wirst dafür lächerlich gemacht. Streber, Brillenträger, Typ ohne eine einzige Marke am Leib. Bist du schlechter, weißt du nicht, was total IN ist, dann wirst du verspottet. Liegt ja auf der Hand und ist wie ein Geschenk, kostet keine Mühe. Ich lernte, dass ich besser unsichtbar bleibe. Dann passiert wenigstens nichts.

Wenn man aber immer unsichtbar bleibt, dann verliert man das Vertrauen in die eigene Außergewöhnlichkeit, in die eigenen Fähigkeiten, in den Wert dessen, was man tut. Und du findest das nicht mehr einfach so wieder. Du hast ja selber daran mitgearbeitet das zu demontieren. Deswegen darf ich nicht glücklich sein. Deswegen verbiete ich mir, mich als jemand Besonderes zu sehen. Das ist etwas, was die Mehrheit der Menschheit von sich selbst denkt, egal wie mittelmäßig sie sein mag. Die essentiellste Selbstlüge ist mir genommen und damit die Fähigkeit etwas zu erreichen.

The inability to follow through

Meine Krankheit hat das alles gierig aufgesogen und so dazu beigetragen, dass ich mein Leben lang nichts erreicht habe. Alleine für diesen Satz möchte mir mindestens meine Freundin eine reinhauen. Ich habe ihren, jetzt meinen, Sohn davor bewahrt in sich gekehrt zu bleiben, isoliert vom Gefühl geliebt zu werden, außer von der eigenen Mutter. Das entstammt ihren Lippen, nicht meinen. Insgeheim bin ich stolz darauf, aber ich würde es jederzeit herunterspielen, weil ich nichts Gutes getan haben darf.

Ich habe für andere Menschen Dinge getan, die sie wütend auf mich machen würden, wenn sie wüssten, was ich von mir selbst denke. Aber ich tue das nicht aus Spaß, oder aus falscher Bescheidenheit. Ich tue das, weil es toxischer Bestandteil von mir selbst ist, gegen jede Ratio und Vernunft. Es ist die Mauer, gegen die ich laufe, wenn ich Fahrt aufnehme. Jedes einzelne Mal. Es gibt so viele Dinge, die ich deswegen nicht zu Ende bringen konnte. Ausbildung, zwei Studien, diverse Jobs, mehr Bücher, als die meisten Deutschen im Schnitt lesen (ca. 9-12 pro Jahr). Wenn nur dieser riesige Block nicht im Wege stünde – was könnte ich alles erreichen? Was für ein aufregendes, atemberaubendes Gefühl, wenn ich endlich frei wäre und ich voll aufdrehen könnte. Wenn ich ungezügelt schriebe, wenn ich all meine Kreativität und explosive Ausdruckskraft zur Geltung bringen könnte.

Und das ist der Grund, wieso ich es ein klein wenig annehmen kann. Weil es mich zu Tode frustriert, weil es mich nervt, weil ich heulen könnte, dass ich mich am Ende immer schwindelig vor Hilflosigkeit fühle, weil ich es nicht schaffe, etwas zu vollenden. Weil es mich jedes Mal wieder tief in die Dunkelheit stößt. Ich habe die Schnauze so voll davon. Klingt das egoistisch? Ja, verdammt, ich darf auch mal. Ich muss auch mal. Denn wenn ich das für immer mitmachen muss, wenn es immer so bleibt, dann zerstört es mich. Habe ich Geltungsbedürfnis? Bestimmt. Ist es okay? Wenn ich mir den Rest der Menschheit ansehe, ganz sicher. Klingt das arrogant? Ja. Fühle ich mich deswegen schuldig? Aber sicher. Das muss aufhören.

Fazit

Ich finde, ich habe ein Recht auf glücklich sein, darauf etwas wert zu sein, darauf etwas erschaffen zu können, darauf mich nicht für mich selbst in vorauseilendem Gehorsam zu schämen. Habe ich ein schlechtes Gewissen dabei so etwas von mir zu geben? Ja – aber ich versuche, es abzulegen. Ich will ich sein, nicht die Erwartungshaltungen anderer, oder schlimmer das, was ich annehme, was ihre Erwartungshaltungen sein könnten. Ich will etwas Bedeutendes tun, weil ich weiß, weil mir andere Menschen sagen, dass ich dazu fähig bin. Ich würde gerne etwas tun, was wie eine Schockwelle durch die Menschen fährt, würde gerne all das äußern, was sich in mir drinnen aufgestaut hat. Geht es euch anderen da draußen nicht genauso?

Wo ist der Unterschied von aufgesetztem Selbstvertrauen, was mir andauernd auf der Straße und im Beruf über den Weg läuft, zu meinem fehlendem oder zumindest beschädigten Selbstvertrauen? Meine Zeit wird kommen. Und für all die da draußen, denen es ähnlich geht: Lasst euch nicht aufhalten. Tut was, solange ihr könnt. Kämpft. Blutet dafür. Lasst euch an den Rand der Vernichtung verspotten. Aber gebt nicht auf.

Du verdienst genau so viel, wie alle anderen. Hört endlich auf damit, andere für euer eigenes Selbstwertgefühl niederzumachen. Findet euer Gewissen wieder, dann würde es uns allen besser gehen. Verwundbarkeit ist keine Schwäche. Sie auszunutzen und jemanden zu verletzen, das ist wahre Schwäche. Charakterschwäche.

 

Macht mir so ein Artikel Angst?

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Stoppt.

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Herz.

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