Daniel erklärt die Welt – Wie werde ich ein besserer Lügner?

Ich wünsche dir einen wunderschönen guten Tag. Danke, es geht mir prima. Ja, auf der Arbeit ist alles in bester Ordnung und meine Beziehung könnte nicht besser sein. Ach was, du störst überhaupt nicht, ich hatte eh nichts Besseres vor. Die zwanzig Euro kann ich verkraften, gib sie mir einfach wieder, sobald es geht. Nein, ich verstehe schon, dass es bei dir gerade nicht so gut läuft. Ich freue mich für dich! Wofür hat man Freunde?!

Okay, das klingt etwas sarkastisch diesen Text zum Thema „Daniel erklärt die Welt – Wie werde ich ein besserer zu Lügner?“ mit diesen Sätzen einzuleiten. Aber ich mache das nicht grundlos.

Zu Anfang muss ich, in bester Daniel Manier, etwas loswerden. In diesem Artikel und den folgenden aus der Serie wird es um das Lügen gehen. Ich werde es aber nur moralisch aus meiner eigenen Sicht kommentieren, ansonsten geht es mir nur um die Techniken, Gedanken und Vorschläge. Lügen ist ein integraler Bestandteil unseres Lebens und spielt eine zentrale Rolle in unseren sozialen Beziehungen. Das geht gar nicht anders, auch wenn wir es gerne anders behaupten, oder es uns vereinzelt sogar anders wünschen. Lügen ist normal, lass dir ein Rückgrat wachsen und werde selbst damit fertig.

Ich werde niemandem das Händchen halten, der lügt und damit auf die Schnauze fällt. Meine Anleitung zum besseren Lügner erfordert eigenen Einsatz und Investition von Grips. Du wirst dich mit den Ideen und Annahmen dahinter auseinandersetzen müssen, es gibt keine Punkt für Punkt Regeln, keine 7-Schritte Anleitung. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich Lügen zwar nicht verabscheuungswürdig finde, es aber befürworte diese Aktivität auf das absolute Minimum zu beschränken. Allerdings ist bei Weitem nicht jeder zum perfekten Lügner geboren, oder kann es werden. Die meisten Menschen sind für mich durchschaubar wie Plexiglas, wenn es um Lügen geht – aber nur, weil sie essentielle Lügentechniken nicht beherrschen. Dazu kommt, dass die meisten Menschen über kleinere Lügen hinwegsehen und belogen werden wollen. Das führt dazu, dass die Lügner in aller Regel den Eindruck bekommen, dass sie mit ihrem Mist durchgekommen sind und sie ruhen sich daher auf ihren rudimentären Fähigkeiten aus.

Schluss damit, lerne endlich, überzeugend zu lügen. Doch bevor wir damit loslegen können, gilt es zuerst einmal die Grundlagen zu besprechen und zu verstehen, wieso ich den Artikel eingeleitet habe, wie ich es habe.

Die Lüge als soziale Fertigkeit

Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht (etwas, was ich ab jetzt voraussetze und für die meisten Leser entweder zu anstrengend oder zu schwer sein wird, da sie glauben, die Wahrheit immer schon zu kennen) und lesen wir die einleitenden Sätze einmal durch. Dort finden wir Aussagen, die vermutlich jeder von uns schon einmal gesagt hat, oder gesagt bekommen hat. Doch wie oft meinen wir, was wir da sagen? Jaja, es ist leicht, abzuwinken und zu behaupten, dass das doch auf der Hand läge. Aber wer lernen will besser zu lügen, der muss zwischenzeitlich mal die hohe Sattelposition verlassen und die Klappe halten, damit er die stille, leise Wahrheit hören kann.

Es hängt immer von der Situation ab, von den beteiligten Menschen und dem Kontext. Bei manchen Menschen kann man blind davon ausgehen, dass sie sich die Wahrheit sagen, richtig? Eltern zum Beispiel – die würden ihre kleinen Kinder doch nicht anlügen, wenn diese kommen und sie um ihre Zeit und Aufmerksamkeit bitten. Wer hier schon abnickt, kann entweder meinen feinen Sarkasmus nicht herauslesen, oder muss mal anfangen vom hohen Ross des Allwissens abzusteigen. Natürlich lieben die allermeisten Eltern ihre Kinder über alles und würden sofort mit ihnen spielen, oder sich ihre wahnsinnig interessanten Geschichten anhören. Sie wären niemals davon genervt, hätten gerade etwas Wichtigeres vor, oder wollten mal drei Minuten Ruhe haben. Empörte Schreie aus den hintersten Reihen, wo die besten Eltern der Welt sitzen und angesäuert verurteilen, dass ich solche Sätze schreibe. Setzen, Klappe halten, lernen.

Ist es denn wirklich schlimm, wenn Eltern nicht jederzeit bereit sind, zu springen, zuzuhören, zu spielen, solange sie es trotzdem tun? Ist es nicht in Ordnung, dass sie ihre Kinder anlügen, damit diese sich geliebt und akzeptiert, ernst genommen fühlen? Sind Eltern immer die perfekten Erziehungsmaschinen? Natürlich nicht, aber das finde ich vollkommen in Ordnung. Lerne den Unterschied zwischen einer Lüge, die Schaden anrichtet und einer, die Schaden verhindert.

Besonders in sozialen Beziehungsgeflechten ist es von hoher Bedeutung, dass man hin und wieder die Wahrheit unter den Teppich kehrt, wenn sie etwas kaputt macht, statt zu helfen. Ist das moralisch richtig, darf man das? Kommt immer darauf an. Wichtig für eine perfekte Lüge ist es, zu wissen wie du selbst über sie denkst, wenn jemand sie an dir benutzt. Wieso? Findest du später heraus. Lerne, dass nur du darüber entscheidest, ob deine Lüge notwendig, oder sinnlos war. Erst wenn du sie erzählt hast, wird jemand anderes darüber entscheiden. Sobald du sie aber erzählt hast, hast du offiziell bekannt gegeben, dass du diese Entscheidung getroffen hast. Das bedeutet, dass du besser hinter ihr stehen kannst, besonders wenn sie auffliegt. Hattest du einen guten Grund? Was sind die Konsequenzen deiner Lüge? Wer leidet unter der Unwahrheit? Gab es eine andere, bessere Entscheidung? Würdest du sie noch einmal erzählen?

Protipp: Frage dich, noch bevor du sie erzählst, ob du sie dir selber abkaufen würdest. Das kann hilfreich sein, um Folgefragen zu vermeiden – aber nur, wenn du wenigstens zu dir selbst ehrlich bist.

Die Lüge, die gar keine ist

Ahhh, wir sind zwar noch bei den Grundlagen, aber das hier ist ein schöner Punkt. Menschen belügen sich gerne selbst. Den ganzen Tag lang, mit Begeisterung und wachsender Idiotie. Wieso wir das tun? Nun ja, vielleicht wollen wir nicht enttäuscht werden. Möglicherweise haben wir uns da ein schönes Bild von uns selbst aufgebaut und wollen das nicht enttäuscht sehen. Manchmal wollen wir aber auch an das Gute in uns selbst glauben, oder wir möchten dem entsprechen, von dem wir glauben, dass andere es von uns erwarten.

Diese kleinen Lebenslügen, die wir uns selbst erzählen, ja das sind natürlich niemals Lügen. Nein, wirklich nicht, glaube mir. Ich kenne den Menschen XY schon soooo lange, er würde das NIEMALS behaupten, was er angeblich zu dir gesagt hat. Du hast das missverstanden, bist neidisch, missgünstig, blöd, ein Lügner, yadda-yadda-yadda. Na klar.

Ist das verwerflich? Nein. Ist das dumm? Ja. Kann ich das ändern? Vielleicht. Muss ich das ändern? Nein. Kann ich was daraus lernen? Aber zu 100% etwas sehr Wichtiges, wenn du besser lügen können willst!

Die besten aller Lügen sind die, die wir glauben wollen. Das gilt in diesem Fall nicht nur für den Belogenen, sondern in besonderer Art und Weise für den Lügner. Je mehr der Lügner von seiner Lüge überzeugt ist, desto wahrer wird sie dem Belogenen erscheinen. Unter der Voraussetzung, dass die grundlegenden Lügentechniken erfolgreich angewandt wurden.

Zu diesem Punkt gehören die Lügen, die gar keine sind, weil sie nicht die Unwahrheit repräsentieren, sondern die Wahrheit auslassen, umschiffen oder umdeuten. Der Großteil der Menschheit erkennt eine Lüge unbewusst. Rein instinktiv können die meisten von uns eine Lüge zumindest erahnen. Es kommt dann darauf an, wie gut sie erzählt wurde, wie leicht sie sich prüfen lässt, wie sehr wir uns der Wahrheit verschließen wollen. Auch, wie sehr wir den Lügner mögen, oder uns von ihm täuschen lassen wollen, was wir über die Lüge vorher wussten, wie wichtig uns das Thema der Lüge ist. Wie abgelenkt wir sind und wie viel Energie wir darin investieren wollen zu hinterfragen, ob man uns die Wahrheit erzählt hat. Manchmal wissen wir sogar, dass wir belogen werden, aber wir haben Motive, es zu ignorieren. All das ist vollkommen in Ordnung und gleichzeitig moralisch ein wahres Minenfeld.

Meine Meinung dazu: Lügen können überlebenswichtig sein, sie können retten, was uns wichtig ist. Ich persönlich habe aber von Lügen generell die Nase voll und wünschte mir, dass weniger Menschen versuchen würden, mich zu belügen. Es ist auf Dauer anstrengend wegsehen zu müssen. Weniger, weil ich nicht sehen will, sondern mehr, weil die anderen erwarten, dass sie mit ihren sinnlosen Lügen durchkommen. Was die meisten Lügner (und jeder von uns ist ein Lügner) nicht wahrhaben wollen ist, dass viele Lügen überflüssig sind, wenn man den Mut hat sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen und die Kraft und Energie aufbringt das entsprechende Thema differenziert mit einem anderen Menschen durchzuarbeiten. Das kostet Zeit und Aufwand, weiß ich. Aber in meinen Augen ist es das wert. Versucht weniger zu lügen. Aber wenn ihr es tut, dann macht es wenigstens richtig. Denn es kennt jeder von uns das Gefühl, einen geliebten Menschen bei einer Lüge zu ertappen, die uns selbst betrifft. Ein ätzenderes Gefühl von Verrat und Betrug gibt es nicht..

Lektion I

Deshalb hier die erste praktische Lektion für einen besseren Lügner: Überlege dir genau, ob eine Lüge notwendig ist. Sollte der kleinste Zweifel bestehen, ist es vielleicht richtig, in die andere Richtung zu denken, die Kraft aufzubringen sich ehrlich damit auseinanderzusetzen. Du wirst ganz real jemanden verletzen, wenn du schlecht lügst. Dabei geht es mir nicht um den erhobenen Zeigefinger, das musst du mit dir selbst ausmachen. Mir geht es darum, dass du verstehst, was du tust, denn nur wenn du dich mit deiner Lüge auseinandersetzt, wirst du sie glaubhaft erzählen können.
Im nächsten Artikel gehe ich dann auf praktische Techniken ein, die dich zu einem besseren Lügner werden lassen.

Dein Hautloser

Tagged , , , , , , , .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert